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Ein Rant über Webdeveloper

Liebe Webdeveloper,

ich spreche hier besonders diejenigen von Euch an, die sich nicht um Barrierefreiheit scheren. Die vielleicht schon beim Begriff Barrierefreiheit, dem Hashtag #a11y oder Accessibility zusammenzucken und die Augen verdrehen. Die möglicherweise denken „Was soll ich mich um die Behinderten scheren, ist eh nur ein geringer Prozentsatz aller User.“

Ich will Euch eine kleine Geschichte erzählen, gerade denen, die klammheimlich diesem letzten Gedanken zustimmen, es aber nie wirklich zugeben würden. Und natürlich denen, die ganz offen sagen, das sei ja auch richtig und würde sich nicht auszahlen. Also, wenn Ihr mal ein paar Minütchen für mich Zeit hättet…

Ich bin verheiratet. Das allein ist nichts besonderes. Ich bin es sogar sehr gern. Das ist vielleicht schon eher etwas besonderes. Und mein Mann ist blind. Das wiederum ist etwas sehr besonderes, wie ich den Reaktionen unserer Mitmenschen manchmal entnehmen kann. Mein Mann ist sogar von Geburt an blind und ich wusste das vor dem Ja-Wort, guck mal an!

Dieses kurze Geschreibsel soll aber nicht darüber gehen, wie mein Mann mit Webseiten umgeht (er ist übrigens höchstselbst Fachmann und großer #a11y-Evangelist, und damit gar ein Power-User). Nein, dies soll mal beschreiben, was Ihr, die Ihr die einfachsten Accessibility-Regeln im Web missachtet, den Familienmitgliedern, Freunden und Bekannten der Blinden und Behinderten antut.

Es ist ja nicht so, dass die Blinden dann einfach auf eine andere Seite surfen können oder wollen, weil sie die Infos bei Euch nicht kriegen. Meist ist das gar nicht möglich, weil sie etwa an einer Umfrage auf einer ganz bestimmten Webseite teilnehmen möchten, oder sich auf einer bestimmten Webseite registrieren wollen, oder einfach ein Hotel oder einen Flug buchen möchten.

Was glaubt Ihr, was dann passiert? Richtig, sie bitten ihre Familienmitglieder um Hilfe. Nicht, dass die nicht gern helfen (keine Sorge, ich sehe mich nicht als „dafür bin ich schließlich da“, aber immerhin als „ich liebe meinen Mann, also helfe ich ihm auch, wenn möglich“). Und ja, selbst ein Power-User und Mann vom Fach wie meiner stößt oft genug an diese Grenzen, und das will was heißen.

Könnt Ihr Euch vorstellen, wie scheiße es eigentlich ist, wenn man mitten in einer Sache steckt, sei es ein Buch lesen, selbst was arbeitet, Hausarbeit, vielleicht gerade auf einer Leiter steht und einen Nagel in eine Wand zimmern will, oder Gardinen aufhängt und plötzlich ertönt aus dem Büro ein entnervtes „Orrrr, warum können die das nicht einmal richtig… warum zur Hölle… Frau!! Ich brauch Deine Hilfe! Ich komm mit diesem Formular nicht klar!“

Und Ihr wollt ja sicher nicht sagen, dass der Blinde dann halt abzuwarten hat, bis das Familienmitglied Zeit hat. Oder die Computerzeit für den Blinden einteilen wollen, und sich dann ein Freund daneben setzt und auf Abruf da ist. Oder sowas. Wollt Ihr sicher nicht, oder? Nee, dachte ich mir. Zumal – ich bin mit einem geburtsblinden Mann verheiratet und wusste schon weit vor dem Ja-Wort von diesen Problemen, aber was, wenn Eure/r Partner/in langsam oder plötzlich durch einen Unfall erblindet? Dann seid Ihr selbst in dieser Situation.

Ganz ehrlich, mich nervt es mindestens genauso wie meinen Mann. Er ist frustriert, etwas nicht allein zu können, was eigentlich gehen sollte, ich bin genervt, weil ich in meiner Sache gestört werde. Das trägt nicht wirklich zum Familienfrieden bei. Und wer ist schuld? Ihr. Ihr Webdeveloper, die es ums verrecken nicht auf die Reihe kriegt, Eure Webseiten semantisch korrekt und barrierefrei zu gestalten.

Deshalb – setzt Euch bitte auf den Hosenboden und lernt, wie man semantisch korrekt eine Webseite aufzieht. Schaut Euch dann die Regeln zur Barrierefreiheit an, das ist nicht mehr so sehr viel obendrauf.

Danke.

P.S.: Und jetzt noch ein ganz dickes, sehr ehrlich gemeintes Danke an alle Webdeveloper da draußen, die sich die Barrierefreiheit auf die Fahnen geschrieben haben und dafür sorgen, dass die Webseiten zugänglich werden. Für alle. Weil es allen nutzt.

P.P.S.: Ein verspäteter Nachtrag, weil gerade erst fertig: Mein Herzensmann (also der, mit dem ich verheiratet bin), der hat mal was über die Basics geschrieben. Jetzt könnt Ihr nicht mehr sagen, Ihr hättet von nix gewusst!

P.P.P.S.: Nu gibt es ebendiesen Beitrag vom Herzensmann endlich auch auf deutsch! Da: https://www.zehe-edv.de/2016/01/08/die-grundregeln-zugaenglicher-webseiten/

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